Storytelling – Plotgeräte: Welche gibt es und wie kann man sie einsetzen?
Informiere dich hier über die unteschiedlichen Plotgeräte, die dir beim Schreiben zur Verfügung stehen, und wie du sie dir anhand Beispielen zu eigen machen kannst.
Meist ist die Art und Weise, wie eine Reihe von Ereignissen erzählt wird, ausschlaggebend für eine unglaubliche Geschichte, nicht aber die Ereignisse selbst. Dieser Prozess geschieht jedoch weder wie von Zauberhand noch durch Zufall. Die besten Geschichtenerzähler setzen klug und wohldurchdacht bestimmte Mechanismen ein, um den Leser buchstäblich mitzureißen. Und wenn du lernen möchtest, Geschichten mit mehr Überzeugung zu erzählen, solltest du dir diese Mechanismen zu eigen machen.
Hier findest du hilfreiche Informationen zu den sogen. Handlungs- bzw. Plotgeräten, welche Zwecke mit ihnen beim kreativen Schreiben verfolgt werden, und die Beschreibungen der wichtigsten Methoden, die dir bereits heute zur Verfügung stehen.
Welche unterschiedlichen Methoden gibt es beim Storytelling?
Beim Storytelling – also Geschichtenerzählen – gibt es fünf Elemente, die im Mittelpunkt jeder Geschichte stehen: eine Handlung, einen Schauplatz, einen Konflikt oder eine Problemstellung und eine Aussage oder einen Zweck.
Der Rest ergibt sich aus der Art und Weise, wie gut die Geschichte erzählt wird. Zum Beispiel muss entschieden werden, welches Handlungsgefüge eingesetzt werden soll. Hier bieten sich u. U. übliche Erzählstrukturen oder Prototypen an, mit denen ein dauerhaftes Werk entstehen kann.
Wenn du mit grundlegenden Elementen arbeitest und die Erzählstruktur alle logisch miteinander verbindet, ist das Storytelling selbst bzw. sind Plotgeräte eigentlich nur die Dekoration, die das Ganze vollendet. Zu Plotgeräten zählt alles, was dir hilft, die Geschichte zu erzählen, d. h. wie Informationen eingearbeitet werden, wie du die Aufmerksamkeit der Leserschaft lenkst und wie du Emotionen schaffst.
9 Plotgeräte zum Ausprobieren
Diese Liste umreißt die verfügbaren Plotgeräte nur grob, aber sie umfasst einige Ideen, die dich bei deinem Storytelling inspirieren könnten. Obwohl in diesem Abschnitt immer wieder von Lesern die Rede ist, bieten sich diese Plotgeräte nicht nur für schriftliche Geschichten, sondern auch für Filme und viele andere Formate an.
1. Tschechows Waffe
Diese Schreibregel scheint zunächst unbedeutend, zählt aber zu den wichtigsten Plotgeräten beim Storytelling. Das Konzept wurde von dem Autor Anton Tschechow eingeführt. Es besagt, dass jedes Element in einer Geschichte irgendwann im Laufe der Handlung eine Rolle spielen muss. Ist dies nicht der Fall, sollte es auch nicht eingeführt werden. Zum Beispiel scheinen die Gläser mit Wasser in Signs – Zeichen zunächst eine unwichtige und nebensächliche Rolle zu spielen, sind aber im Endeffekt der Aspekt, der die Außerirdischen umbringt. Sie haben also einen Platz in der Handlung.
Wann sollte Tschechows Waffe eingesetzt werden?
Mit Tschechows Waffe zu Beginn einer Geschichte lässt sich eine logische und stimmige Auflösung entwickeln. Oder sie dient für den Leser als interessante Andeutung dessen, was noch kommt.
2. Cliffhanger
Ein Cliffhanger ist ein Ende ohne wirkliche Auflösung. Wird die Geschichte mitten im spannendsten Moment unter- oder abgebrochen, nutzt du das Bedürfnis deiner Leser aus, in Erfahrung bringen zu wollen, wie eine Situation endet. Das Interesse des Lesers bleibt also geweckt und er bleibt am Ball oder kommt wieder zur Geschichte zurück, um mehr zu erfahren.
Wann sollte ein Cliffhanger eingesetzt werden?
Cliffhanger bieten sich immer dann an, wenn die Spannung gesteigert werden soll. Cliffhanger können an unterschiedliedlichen Punkten eingesetzt werden: d. h. am Ende einer Szene, eines Kapitels, einer Episode oder eines Buchs in einer Buchreihe, um die Bindung des Lesers sichern. Manchmal werden Cliffhanger zum Schluss eingesetzt, wenn Interpretationsspielraum gelassen werden soll, z. B. wie im Kinofilm Inception, bei dem sich das Publikum letztendlich nicht sicher war, ob die Hauptfigur träumte oder die Wirklichkeit erlebte.
3. Todesfalle
In vielen Geschichten gibt es einen Bösewicht, der Schaden anzurichten oder zu töten versucht oder anderweitig die Hauptfigur angreift. Während ein solcher Plan in der Realität oft mit dem Hauptaugenmerk auf Effizienz ausgeführt wird, ist das eigentlich keine Grundlage für eine interessante oder aufregende Geschichte. Daher setzen Geschichtenerzähler häufig eine sogen. Todesfalle ein. Das heißt, sie denken sich eine komplizierte und sich häufig langsam entwickelnde Methode aus, mit der die Hauptfigur beseitegeschaffen werden soll. Man nehmen hier das klassische Beispiel, in dem jemand an Bahngleisen festgebunden wird und ihm nur wenig Zeit für die Flucht bleibt.
Wann sollte eine Todesfalle eingesetzt werden?
Wenn die Spannung zu der Gegenüberstellung von Hautfigur und Bösewicht einmal aufgebaut ist, darf die Auflösung nicht allzu schnell erfolgen. Mit der Todesfalle bleibt das Interesse an dem, was als Nächstes passiert, beim Leser geweckt. Und als Zugabe herrscht dann zum Schluss besondere Zufriedenheit, wenn der Held oder die Heldin noch rechtzeitig entkommen kann.
4. Deus ex machina
Dieses Plotgerät gibt es schon seit den Theateraufführungen des antiken Rom und bei den Griechen (daher auch der lateinische Name). Es handelt sich hierbei um die Methode, eine dramatische Situation mithilfe einer gewaltigen, externen Macht – in der Regel einem Gott – aufzulösen, der dann die Lage rettet, wenn die Situation aussichtslos erscheint.
Wann sollte ein Deus ex machina eingesetzt werden?
Der Deus ex machina kommt häufig dann zum Einsatz, wenn eine Situation bequem gelöst werden soll und dem Autor kein anderer Ausweg einfällt. Dieses Plotgerät sollte nur dann verwendet werden, wenn es sich wirklich anbietet und die Geschichte damit effektiv (und auch glaubhaft) beendet werden kann, d. h. z. B. wenn ein interessanter Handlungssprung stattfinden soll oder wenn man die tatsächliche Handlungskraft der Charaktere aufzeigen möchte. Ziel ist ein gewisser Überraschungseffekt, der aber auch plausibel sein und nicht vollkommen unerwartet eintreten soll. Ein besonders umstrittenes Beispiel für die Verwendung dieses Plotgeräts ist in Herr der Ringe zu finden, wenn Frodo und Sam von gewaltigen Adlern, die bis dahin noch nie in der Erzählung erschienen waren, vom Schicksalsberg gerettet werden.
5. Flashback
Flashbacks oder Rückblicke umfassen die Unterbrechung der Erzählung, um auf ein zurückliegendes Ereignis einzugehen, das für die sich entwickelnde Geschickte relevant ist. So können Hintergrund und Kontext in die Geschichte eingeflochten werden und so lassen sich Informationen im genau richtigen Moment offenlegen. In Slumdog Millionär wurden immer wieder Flashbacks eingesetzt, um zu zeigen, warum die Hauptfigur all die Antworten auf die Fragen in der Quizsendung hatte.
Wann sollte ein Flashback eingesetzt werden?
Flashbacks bieten sich dann an, wenn Hintergrundinformationen zu einer wichtigen Figur benötigt werden. Mit ihnen können überraschende Auskünfte zu genau dem Zeitpunkt präsentiert werden, wenn sie für den Leser wichtig sind.
6. Foreshadowing
Beim Foreshadowing bzw. bei Vorausdeutungen macht der Autor dezente Andeutungen zu einem Ereignis, das erst später in der Geschichte eintreten wird. Manchmal ist es offensichtlich und es kann dem Leser helfen, die weitere Entwicklung der Geschichte zu erahnen. Andere Male sind die Hinweise subtiler, d. h. nur eine Zeile oder ein kleines Detail, um einen Leser zu belohnen, der wirklich gut aufpasst. Zum Beispiel hat Luke in Krieg der Sterne: Das Imperium schlägt zurück eine Vision, dass er die Maske von Darth Vader trägt. Erst später stellt es sich heraus, dass Darth Vader sein Vater ist.
Wann sollte ein Foreshadowing eingesetzt werden?
Mit einem Foreshadowing bzw. mit Vorausdeutungen können Spannung aufgebaut werden. Dem Leser wird ein Vorgeschmack auf das gegeben, was vielleicht als Nächstes passiert. So ist dafür gesorgt, dass Handlungssprünge nicht vollständig aus dem Nichts kommen. Mit einem Foreshadowing bzw. mit Vorausdeutungen lassen sich auch Hinweise für all die Leser einbauen, die die Handlung wirklich aufmerksam verfolgen.
7. In medias res
Während viele Geschichten eine Situation darstellen, bevor die Handlung konkret wird, beschreibt „in medias res“ einen Erzählstil, der den Leser, Zuschauer oder Zuhörer gleich zu Beginn ohne Umschweife „mitten in die Dinge“, also in die Handlung einführt. Mit diesem nicht-linearen Erzählstil kann der Leser effektiv von Beginn an das Geschehen gefesselt werden, da die Frage, wie die Figuren in diese Situation gelangt sind, im Raum steht. Zum Beispiel zeigt die erste Szene in Breaking Bad, wie Walter White vor der Polizei auf der Flucht ist. Ohne jegliche Erklärung. Wir werden erst später erfahren, wie er an diesen Punkt gelangt ist.
Wann sollte „in medias res“ eingesetzt werden?
Sollen direkt von Anfang der Geschichte Energie und Spannung aufgebaut werden, bietet sich ein Sprung „in medias res“ an. Dieser Erzählstil eignet sich auch, um dem Leser direkt zu zeigen, warum sich ein Interesse an der Geschichte lohnt, bevor Zeit mit der Exposition, als einer Darlegung der Verhältnisse und Zustände, aus denen der tragische Konflikt entspringt, verbracht wird.
8. Wettlauf mit der Zeit
Dieses Plotgerät wird manchmal auch als „tickende Zeitbombe“ bezeichnet, da die Handlungsfiguren mit ihm eine Dringlichkeit erhalten. Es kann sich um eine wirkliche tickende Bombe handeln oder einfach die Konsequenz für das Nichterreichen eines Ziels innerhalb eines gewissen Zeitrahmens wie z. B. in Zurück in die Zukunft, als Marty McFly bis Mitternacht eine Aufgabe erledigen musste, um in die Gegenwart zurückkehren zu können.
Wann sollte ein Wettlauf mit der Zeit eingesetzt werden?
Mit diesem Plotgerät entsteht zusätzlich packende Spannung, da sich der Leser fragt, ob es die Figuren in der Erzählung rechtzeitig schaffen. Auch lässt sich die Geschichte mit Energie voranbringen, da sich die Ereignisse schnell entwickeln müssen.
9. Roter Hering
Ein roter Hering bezeichnet all das, mit dem der Leser in die Irre geführt werden soll. Bei einem sogenannten roten Hering kann es sich um eine Figur handeln, bei der zunächst der Eindruck entsteht, als sei sie ein Bösewicht. Später stellt sich jedoch heraus, dass dies nicht der Fall ist. Oder es kann ein Hinweis sein, der zunächst als wichtig erscheint, später jedoch nicht relevant ist. In Harry Potter und der Gefangene von Askaban wird z. B. während der gesamten Handlung der Eindruck erhärtet, dass es sich bei Sirius Black um einen Bösewicht handelt. Erst zum Schluss stellt sich heraus, dass er fälschlich bezichtigt wurde.
Wann sollte ein roter Hering eingesetzt werden?
Mit roten Hering hält man den Leser bis zum Schluss im Unklaren (wie z. B. bei Kriminal- oder Detektivgeschichten). Oder dem Leser wird zunächst ein falscher Eindruck vermittelt, damit später ein Handlungssprung erfolgen kann.
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