Was ist eine Allusion und wie kannst du sie beim Schreiben verwenden?
Wenn du mehr über literarische Mittel lernen möchtest, um deine Fähigkeiten zu erweitern, kannst du dies wahrscheinlich irgendwo auf einem Blog finden.
Wir verwenden solche Anspielungen oder Andeutungen sehr oft mit Freund:innen, wenn wir einen Satz mit „Das ist wie damals, als“ anfangen und auf eine Geschichte verweisen, die nur unsere Freund:innen kennen können. Es ist eine geläufige Kommunikationstechnik und ein Kommunikationsmittel für zwei Parteien mit einem Verweis auf etwas, das sie gemeinsam haben. Und es funktioniert.
In der Literatur wird aus dieser Praxis die Kunst der Allusion – ja, mit einem „A“. In der Kunst gehen Allusionen einen Schritt über die Metapher hinaus. Sie gehen davon aus, dass das Publikum die Bezugnahme auf ein älteres Werk versteht. Aber was unterscheidet eine Allusion von einer einfachen Bezugnahme und wie kannst du sie verwenden, um deine Werke lebhafter zu gestalten?
Quicklinks
- Was ist eine Allusion?
- Beispiele für Allusionen
- Beispiele für Allusionen in der Poesie
- Arten von Allusionen
- Verwende Allusionen wie ein Meister
Was ist eine Allusion?
Eine Allusion ist eine (oft indirekte) Bezugnahme auf eine Person, einen Ort, ein Ereignis oder ein literarisches Werk, mit der/dem das Publikum bereits vertraut sein kann.
Hast du schon einmal von einer „Grinsen einer Edamer Katze“ gehört? Dieser Begriff bezieht sich auf die fiktive Katze in Lewis Carrolls Alice im Wunderland. Natürlich gibt es gar keine Edamer Katze oder Grinsekatze und jede Erwähnung einer Grinsekatze muss sich automatisch aufAlice im Wunderland beziehen – zumindest für diejenigen, die Wissen, dass es in Alice im Wunderland eine Edamer Katze gibt.
Und das ist der Unterschied zwischen einer Allusion und einer klassischen Bezugnahme. Die Allusion geht davon aus, dass jemand mit etwas vertraut ist. Dein Publikum muss bereits genug über die jeweilige Bezugnahme wissen, damit es den Rest der Bedeutung ableiten kann.
Beispiele für Allusionen
Achillesferse
Du könntest sagen: „Bringe diese Schokolade bloß nicht in meine Nähe.“ „Das ist meine Achillesferse.“ Diese geläufige Allusion ist auch eine Anspielung auf die klassische Literatur, ob du sie kennst oder nicht.
Die griechische Mythologie erzählt uns, dass Thetis, die Mutter von Achilles, ihn als Baby in den Fluss Styx getaucht hat. Aber sie hielt ihn an der Ferse fest, die trocken blieb und damit eine sterbliche Stelle hinterließ. Im Trojanischen Krieg erwies sich Achilles als der beste Krieger unter den Griechen. Diese Schwachstelle führte jedoch letztendlich zu seinem Niedergang.
Heute verwenden wir den Begriff „Achillesferse“ als Allusion für eine tödliche Schwäche einer ansonsten heroischen Figur – oder einfacher als die Schwäche, die unseren Niedergang verursacht. Tatsächlich werden „Achillesferse“ und „Kryptonit“ – die einzige Schwachstelle von Supermann – oft synonym verwendet. Auch das ist eine Allusion, weil sie die Kenntnis der Geschichte von Superman voraussetzt.
Der alte Mann und das Meer
Die Novelle von Ernest Hemingway aus den 1950er-Jahren erzählt eine einfache Geschichte von einem alten Mann, der versucht, einen riesigen Speerfisch zu fangen. Die Geschichte ist fast zu einfach, denn Kritiker versuchen seit ihrer Veröffentlichung, tiefere Bedeutung aufzudecken. Manche glauben, dass Hemingway mit dieser Allusion einen Hinweis auf seine tiefere Bedeutung gibt:
„Ay“, sagte er laut. Es gibt keine Übersetzung für dieses Wort und vielleicht ist es nur ein Laut, den ein Mann unwillkürlich machen könnte, wenn fühlt, wie der den Nagel durch seine Hände in das Holz geht.
Hemingway spricht zwar nie von „Kreuzigung“, geht aber von der Annahme aus, dass das Publikum weiß, was es bedeutet, wenn Hände an Holz genagelt werden. Die Allusion erzeugt einen religiösen Beigeschmack, indem sie sich einfach auf bestimmte Details konzentriert, obwohl Hemingway in der Novelle nie wörtlich sagt, dass Santiago hier Jesus verkörpert.
Moby Dick
Das Risiko der Verwendung von Allusionen? Die Bedeutung kann verlorengehen, wenn wir nicht auch die ursprüngliche Geschichte kennen. Ebenso bedeutet das „Grinsen einer Edamer Katze“ nichts für jemanden, der nicht mit Lewis Caroll vertraut ist. Zum Glück musst du jedoch nicht auf die Belletristik verweisen, um eine Allusion zu machen.
Denke zum Beispiel an Pequod, den Namen des Walfangschiffes in Moby Dick. Diese Allusion geht oft über den Horizont moderner Leser:innen hinaus. Aber im 19. Jahrhundert kannten viele Leser:innen wahrscheinlich die Geschichte des Indianerstammes Pequot. Dieser Stamm aus New England wurde ausgelöscht. Dadurch erzeugt der Name des Schiffes sofort ein Gefühl des Unheils für alle, die mit der ursprünglichen (wahren) Geschichte hinter diesem Namen vertraut sind.
Beispiele für Allusionen in der Poesie
Emily Dickinson
Gedichte sind oft so voll von Allusionen, das wir die Bedeutung eines Gedichtes komplett verpassen können, wenn wir die Allusionen nicht recherchieren. Ein Beispiel ist dieses Gedicht von Emily Dickinson:
All overgrown by cunning moss,
All interspersed with weed,
The little cage of „Currer Bell“
In quiet „Haworth“ laid.
Wenn jemand nicht weiß, was „Currer Bell“ bedeutet, kann man hier überhaupt nicht entschlüsseln. Wenn man jedoch weiß, dass Currer Bell das Pseudonym von Charlotte Brontë war, sieht es ganz anders aus. Nun muss sich der Leser fragen, was der „Käfig“ bedeutet, anstatt einfach nur darüber hinweg zu lesen.
T. S. Eliot
Möchtest du üben, Allusionen zu lesen? Das berühmte Gedicht „Das öde Land“ von T.S. Eliot ist vollgepackt mit poetischen Allusionen. Eine davon ist die berühmte erste Zeile:
April ist der grausamste Monat
Das mag wie eine vage Metapher scheinen, die im Gegensatz zu unseren Erwartungen an den Frühling als eine glückliche Jahreszeit steht. Aber es steckt mehr dahinter. Chaucers Canterbury-Erzählungen beginnt mit dieser Zeile:
Wenn der April mit seinen süßen Schauern
Eliot scheint uns auf eine Vision von seinem April vorzubereiten, die nicht so süß ist.
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Arten von Allusionen
Scheinbar
Eliot könnte April durchaus als Metapher verwenden, ohne auf Geoffrey Chaucers Canterbury-Erzählungen anzuspielen. Aber angesichts anderer Verweise auf mittelalterliche Poesie in Das öde Land (Eliot bezieht sich häufig auf Dantes Göttliche Komödie) und der offensichtlichen Platzierung von April in der ersten Zeile, ist eine scheinbare Allusion.
Die scheinbare Allusion verweist auf eine bestimmte Quelle und scheint gleichzeitig eine widersprüchliche Position einzunehmen. Genau das tut Eliot in Das öde Land mit einer direkten Bezugnahme auf Chaucers Version eines sorglosen, fröhlichen Frühlings.
Beiläufige Erwähnung
Für eine Allusion braucht die Autorin oder der Autor keine tiefe, metaphorische Absicht. Wenn eine Figur beispielsweise „wie eine Edamer Katze grinst“, bedeutet das nicht, dass die Figur im gesamten Roman Edamer Katzen symbolisiert. Die Allusion kann hier einfach als Mittel verwendet werden, um das betreffende Grinsen näher zu beschreiben.
Einzelreferenz
Dies ist die direkteste und offensichtlichste Form von Allusion. Die obigen Beispiele – die Kreuzigung aus Der Alte Mann und das Meer sowie die Achillesferse – sind jeweils Einzelreferenzen von einer Bedeutung zur anderen. Die Einzelreferenz unterscheidet sich von einer beiläufigen Bemerkung durch die schriftstellerische Absicht.
Wenn Hemingway beispielsweise versucht, mit seiner religiösen Allusion mehr über Der alte Mann und das Meer auszusagen, eröffnet er damit eine ganz neue Welt versteckter Bedeutungen im gesamten Text.
Selbstreferenz
Vergessen wir kurz die Allusionen in der Literatur. Als Alex DeLarge in Stanley Kubricks Uhrwerk Orange durch einen futuristischen Musikladen läuft, sieht man im Hintergrund den Soundtrack von 2001: Odyssee im Weltraum. Warum ist das eine Selbstreferenz? Kubrick hat bei beiden Filmen Regie geführt.
Eine Selbstreferenz-Allusion ist jede Anspielung auf etwas, das du bereits gemacht hast. Dies ist in den Werken vieler Regisseure zu sehen: In Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels zeigt eine Szene in Area 51 kurz, wo sich die verlorene Bundeslade befindet, um die es in Jäger des verlorenen Schatzes aus dem Jahr 1981 geht. Und Quentin Tarantinos Filme sind voller Selbstreferenzen, wie z. B. Markennamen (eine Red Apple-Zigarette?), die nur in seinem Universum existieren.
Mehrere Referenzen oder Verschmelzung
Was passiert, wenn du mehrere Allusionen auf einmal machst? Zum Glück bricht das Raum-Zeit-Gefüge nicht zusammen. So kompliziert ist es nicht. „Verschmelzungs-“ oder „Vielfachallusionen“ sind jedoch selten, weil sie schwieriger sind.
Ein Beispiel ist der Film Talking of Michelangelo von 2017. Das Zitat ist ein Verweis auf die Poesie von T.S. Eliot über Frauen, die ein- und ausgehen und „über Michelangelo reden“, der natürlich selbst ein Verweis auf die Renaissance ist. Verschmelzungen sind die russischen Matrjoschka-Puppen der Stilmittel: in Allusionen verpackte Allusionen.
Korrigierende Allusion
Eine korrigierende Allusion ist das gleiche wie eine Einzelreferenz-Allusion, kehrt jedoch die Flussrichtung um. Anstatt eine Allusion zu machen, die die Bedeutung verdeutlicht, könnte eine korrigierende Allusion auf das Gegenteil hinweisen.
Diese Technik wurde sehr oft in der HBO-Serie Die Sopranos angewendet, wenn die Fernsehautor:innen auf die Scheinheiligkeit der Hauptfiguren aufmerksam machen wollten. So zum Beispiel beschwert sich Tony Soprano oft, dass es den „starken, stillen Typ“ der amerikanischen Kultur – wie etwa Gary Cooper – nicht mehr gibt. Diese Allusion ist leicht zu verstehen. Aber die Autor:innen legen noch nach, indem sie zeigen, dass Tonys Persönlichkeit voller Angst und Wut ist. Trotz seiner Proteste ist er alles andere als der starke, stille Typ.
Verwende Allusionen wie ein Meister
Das Konzept des Schreibens ist einfach. Du hast eine Idee. Du hast ein Publikum. Du möchtest, dass das Publikum deine Idee in einfacher Sprache versteht. Alle literarischen Mittel, die du verwendest, sind lediglich Instrumente, um dieses zentrale Problem zu lösen.
In diesem Sinne sind Allusionen hochwirksame Werkzeuge für deinen literarischen Werkzeugkasten. Damit kannst du deinem Publikum sagen: „Hey, das ist wie damals“, als würdest du mit alten Freunden sprechen. Die Geschichte, die du erzählst, mag neu sein, aber wenn du auf eine alte Geschichte verweist, ergeben deine Ideen mehr Sinn.
Lerne, deine Allusionen mit Subtilität zu verkleiden, und du hast keinerlei Probleme, deine Themen verständlich zu machen. Allusionen richtig gemacht schaffen sogar einen besseren Zauber als ein Meister der Illusionen. Du wirst ein Meister der Allusionen.
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